Motorradtour Südtirol-Dolomiten – Von leicht bis anspruchsvoll – die Motorradregion Südtirol-Dolomiten begeistert

Lange vor den Römern zogen bereits die Kelten über den Reschenpass gen Süden, die Römer selbst führten ihre berühmte Lebensader namens Via Claudia Augusta über den 1500 m hohen Scheitelpunkt. Heute verbindet der Pass Tirol mit Südtirol und ist ein fahrerischer wie landschaftlicher Leckerbissen gerade auch für uns Biker, die dem ewigen Lockruf der Berge folgen. Kurz nach dem Pass lockt mit dem idyllischen Rojental eine sehenswerte Sackgasse, die es mitzunehmen gilt.

Der Kirchturm von Alt-Graun mitten im See ist Kult, das Selfie mit ihm im Hintergrund irgendwie Pflicht und die Zahl der Influencer entlang des Seeufers steigt jährlich. Was nicht zuletzt auch an seinem traurigen Schicksal liegt: Gleichwohl seine Geschichte bis in das Jahr 1357 zurückreicht, wurden im Sommer 1950 Kirche und Dorf für den Vollstau des Reschensees platt gemacht, fast 200 Bewohner samt Tieren zwangsumgesiedelt und nur der Turm der Pfarrkirche blieb als Erinnerung stehen. Heute kann er bei Niedrigwasser in einer Art Lagune umwandert werden, sein Mauerwerk samt Dach wurden 2009 aufwändig saniert, doch seine Glocken sind seit über 70 Jahren für immer verstummt. Was dem fischreichen See als Angelparadies allerdings zugutekommt, denn Forellen, Barsche und Hechte mögen es eher ruhig. 

Gleich nach dem See mit dem einsamen Kirchturm inmitten des aufgestauten Wassers – übrigens dem meist fotografiertesten Kirchturm Europas, ja wenn nicht sogar weltweit – erwartet uns das herrliche Südtiroler Vinschgau, der obere Teil des Etschtales. Ein von der Sonne verwöhntes und von Regengebieten oftmals verschontes Tal, das nicht nur aus klimatischer Sicht eine der beliebtesten Motorradregionen Südtirols ist. Was zweifelsohne auch an ihm liegt: dem legendären Stilfser Joch, dem mit 2757 m Höhe höchsten erschlossenen Gebirgspass Italiens und zweithöchstem asphaltierten Pass der gesamten Alpen nach dem französischen Col de l’Iseran (2764 m).

Die vor ein paar Jahren vollständig neu asphaltierte Nordostrampe des Stilfser Jochs folgt bis heute uralten Saumwegen. Die Trasse wurde zwischen 1820 und 1826 als Militärstraße erbaut und seitdem kaum verändert. 48 waschechte Kehren auf 19 Kilometern Länge mit 1900 m Höhendifferenz bergauf erzeugen gehörigen – und notwendigen! – Respekt bei allen Verkehrsteilnehmern, ganz gleich ob bergauf oder bergab fahrend. Ja in der Theorie wäre das Stilfser Joch das ideale Trainingsgelände speziell auch für Anfänger und Wiedereinsteiger im Mopedsattel.

Doch das enorme Verkehrsaufkommen erschwert die ungeübte Suche nach der Ideallinie enorm, sodass wir Anfängern im Mopedsattel raten, diese Rundtour entgegen dem Uhrzeigersinn zu fahren. Oder aber das Stilfser Joch zunächst einmal ganz aus dieser Runde zu streichen. Die Kurviger-Tourenplanung macht Änderungen jeglicher Touren ganz einfach, denn es ist keine Schande, diesem Pass gehörigen Respekt zu zollen.

Haben wir die enge Passhöhe mit ihren Hotels, Restaurants und Andenkenbuden erreicht und das „Ich-war-hier-Selfie“ sicher abgespeichert beginnt der gänzlich ungetrübte Genuss dieses Tourentages. Nach sieben weiteren Kehren erreichen wir den Abzweig zum Umbrailpass auf Schweizer Territorium, passieren eine oftmals geschlossene Grenzstation und gleiten den mit 2501 m immerhin höchsten Straßenpass der Schweiz genüsslich hinab ins Bergsport-Paradies Val Müstair.

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Auf der gut ausgebauten Hauptstraße 28 geht es zügig voran – Achtung: Limit landesweit 80 km/h – in Richtung unscheinbarem Ofenpass samt beliebtem Töfftreff. Wir durchkreuzen den einzigen Schweizer Nationalpark mit seinen horizontweiten Wäldern und können gute 12 Kilometer vor dem hübschen Bergdorf Zernez den Blinker links setzen zu einem Abstecher hinüber ins italienische Livigno. Recht günstig volltanken wäre in der berühmten Freihandelszone möglich, allerdings kann die dafür fällige Maut durch den Tunnel Munt-la-Schera mit gut 28 Schweizer Franken die Ersparnis beim Tanken deutlich schmälern. Je nach Größe des Benzinfasses eben. Entscheidet bitte eigenständig.        

Zernez selbst ist ein sehenswertes und geschichtenreiches Dorf im Unterengadin, dessen Wurzeln bis in die Eisen- und Bronzezeit zurückreichen. „ils magliachognas“ nannte man dessen Einwohner im Mittelalter oder zu deutsch „die Hundefresser“. Viele andere Ortschaften im Engadin erhielten damals Bei- oder Spottnamen, die heute noch mit gewissem Stolz lebendig gehalten werden. So auch in Guarda und Ardez, zwei echten Perlen unter allen Engadiner Bergsteigerdörfern. Deren Einwohner wurden beispielsweise „ils speculants“ die Spekulanten oder „la bescha“ die Schafe gerufen. Beide Ortschaften gehören zu den schönsten Engadiner Dörfern und lohnen einen ausgiebigen Boxenstopp. 

Weit oberhalb der direkt am rauschenden Inn verlaufenden Hauptstraße 27 geht es über schmale Asphaltbänder Richtung Westen, erst im Unterengadiner Hauptort Scuol schwingen wir hinab auf die Talsohle am Inn. Vor allem der Scuoler Ortsteil Tarasp ist ein panoramareicher Hingucker, der einen Abstecher zu jeder Jahreszeit lohnt. Hoch über hübschen Wohnhäusern thront Schloss Tarasp auf einem Felsenhügel und lockt seine Besucher mit einer fast tausendjährigen Geschichte. Einer hoch spannenden dazu, tief geprägt von zeugungsunfähigen Raubrittern und dem deutschen Mundwasser-Fabrikanten Karl August Lingner. Der erwarb das Schloss im Jahr 1900 für 20000 Franken – oder anders gesagt: für ‘n Appel und ’n Ei – und ließ es zu seinem herrschaftlichen Altersruhesitz ausbauen, samt Schlosspark und Waffenkammer sowie einer der größten Salonorgeln Europas mit 39 Registern und fast 2600 Pfeifen. Kurz vor Einweihung des Schlosses verstarb Lingner und konnte seinen Lebenstraum nicht mehr genießen. Heute gehört Schloss Tarasp einem Engadiner Künstler und kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. 

Direkt am Inn entlang geht es nun in das Straßendorf Martina, dort queren wir den Fluss und das eidgenössische Zollamt – Kontrollen sind durchaus möglich – und erreichen Tiroler Terrain. Wir folgen dem Wegweiser nach Nauders und genießen die völlig entspannte Kurvenhatz über die B185, die uns mit insgesamt 11 Kehren und einer waschechten Passhöhe erwartet. Die Norbertshöhe auf 1405 m über dem Meeresspiegel ist fahrerisch unser letzter Höhepunkt und begeistert allein schon damit, dass wir einen weitgehend unbekannten, aber zweifelsohne echten Alpenpass unserem Lebens-Roadbook hinzufügen können. Und das in unmittelbarer Sichtweite zum Motorradparadies Südtirol-Dolomiten, das uns bereits nach wenigen Kilometern für viele weitere Genusstouren erwartet.

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Zum einen bietet sich nach Abschluss der Runde ein Abstecher nach Tirol an, zum anderen kann diese Runde hervorragend mit einem Aufenthalt in der Ferienregion Tirol West verbunden werden. Mit der Piller Höhe und der Kaunertaler Gletscherstraße werden dabei absolute Highlights dieser Region angefahren. Beim High-Bike Motorcycle Testcenter in Landeck besteht im Übrigen die Möglichkeit attraktive Motorräder, zu günstigen Konditionen, ganztägig zu leihen. www.highbike.at